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SEZGIN Dağ

Helvetzid am 13. November 2020 durch die schweizer Migrationspolitik im Asylzentrum an der Grenzstraße 14 und im Spital Aarberg in der Lyss-Straße 31 in Lyss. Herzproblem rassistisch ignoriert!

Am 13. November starb der kurdische Aktivist Sezgin Dağ im Alter von 41 Jahren unter bis heute ungeklärten Umständen im schweizerischen Lyss, wo er als Geflüchteter im Asylzentrum an der Grenzstraße 14 lebte. Angehörige und Weggefährten sind der Meinung, dass sein Tod eine Verletzung des Rechts auf Leben darstellt. Sie fordern, dass die Verantwortlichen vor dem Gesetz zur Rechenschaft gezogen werden.

Laut der Initiative für Sezgin Dağ gibt es offensichtliche Verstöße und Nachlässigkeiten, die zu seinem Tod geführt haben. Diese müssten untersucht und im Ermittlungsverfahren miteinbezogen werden. Zur Begründung heißt es: „Am 12. November 2020 begab sich Sezgin Dağ gegen 16.00 Uhr ins Spital Aarberg in der Lyss-Straße 31, das zur Insel-Gruppe gehört. Er hatte Taubheitsgefühle im Arm und am Kiefer sowie Sodbrennen, Schmerzen im Hals und im Magen. Diese Symptomatik hatte er auch beim Myokardinfarkt in der Türkei. Nach unseren Recherchen wurde in dem Spital ein Blutbild erstellt und eine Röntgenaufnahme durchgeführt. Die Diagnose des behandelnden Arztes lautete Magenverstimmung und Herzrhythmusstörungen wegen eines zuvor getrunkenen Energiegetränks. Der Arzt verschrieb ein Schmerzmittel namens Dafalgan und ein weiteres Medikament gegen Sodbrennen. Sezgin wurde mit dieser Diagnose und den Medikamenten ins Asylzentrum zurückgeschickt. Im Verlauf des Tages verschlechterte sich sein Zustand immer mehr. Seine Freunde alarmierten den Verantwortlichen im Asylzentrum mehrfach wegen des Gesundheitszustandes von Sezgin. Gegen 22.00 Uhr wurde es sehr kritisch und lebensbedrohlich für Sezgin. Nach Zeugenaussagen hatte er Schaum vor dem Mund und weinte. Er umarmte sich selbst, schrie ‚Mein Herz, mein Herz!‘ und verkrampfte zeitweise. In dieser kritischen und lebensbedrohlichen Situation bestellte der verantwortliche Mitarbeiter des Asylzentrums lediglich ein Taxi anstatt eines Krankenwagens. Sezgin Dağ wurde ohne Begleitung allein mit einem Taxi ins Spital Aarberg gefahren. Laut Aussage der leitenden Kommissarin ist er am 13. November 2020 um ca. 00.20 Uhr in diesem Taxi verstorben.“

Wir fordern, dass die medizinische Versorgung von Sezgin Dağ ab dem Asylgesuch bis zu seinem Tode auf den Prüfstand gestellt wird; vor allem die Untersuchungsbefunde sowie die Behandlungen vom 12. November 2020 im Spital Aarberg. Insbesondere sollten die Verantwortlichen des Asylzentrums für ihr unverantwortliches Handeln – in einer solch kritischen und lebensbedrohlichen Situation ein Taxi anstatt eines Krankenwagens zu rufen – vor dem Gesetz Rechenschaft ablegen. Die Staatsanwaltschaft soll zudem ihre Ermittlungen offenlegen.

„Die mangelnden Kontrollen der staatlichen Institutionen in den privatisierten Asylzentren führen zu solchen Ereignissen. Es ist unverantwortlich und wir empfinden es als Diskriminierung gegenüber allen Flüchtlingen, dass die autorisierte Firma ORS ihre Mitarbeiter nicht anweist, in solchen lebensbedrohlichen Situationen einen Krankenwagen zu rufen. Dies zeigt uns, dass der Profit des Managements wichtiger ist als ein Menschenleben. Die überhöhten Kosten für die Ambulanzdienste sind ebenfalls ein wichtiger Mangel des schweizerischen Gesundheitssystems. Wir sind traurig, unseren Sohn, Bruder, Cousin und Freund verloren zu haben. Die Verantwortlichen sowie das System, die für den tragischen Tod eine Mitschuld tragen, müssen in Frage gestellt werden. Alle notwendigen rechtlichen Schritte müssen eingeleitet und um den Tod von weiteren Sezgins zu verhindern, müssen die notwendigen Vorkehrungen bedingungslos und dringend getroffen werden.“

Zu den Unterzeichnenden des Appells gehören:

  • Familie Dağ und Kaplangil
  • FEDA (Demokratische Föderation der Aleviten)
  • SKB (Sozialistischer Frauenverband)
  • IGIF (Föderation der Immigrierten Arbeiter*innen in der Schweiz)
  • CDK-S (Kurdischer Dachverband in der Schweiz)
  • SYKP (Partei des sozialistischen Wiederaufbaus)
  • ROTA (Migrantische Selbstorganisation)
  • IHDD (Verein für Menschenrechte und Solidarität in der Schweiz)
  • ITIF (Föderation der Arbeiter*innen aus der Türkei in der Schweiz)
  • DC (Revolutionäre Front)
  • KKP (Kommunistische Partei Kurdistans)
  • Lila-Rot-Kollektiv
  • ATIK (Konförderation der Arbeiter*innen aus der Türkei in Europa)

Familie wünscht sich das der Fall geklärt wird. Statt einer Ambulanz rufen die Betreuer ein Taxi, als sich ein Asylbewerber mit Schmerzen an sie wendet. Sezgin Dağ stirbt. Hätte das Leben von Sezgin Dag gerettet werden können? Diese Frage stellt sich seine Familie immer und immer wieder. Noch hoffen sie, dass der Fall aufgeklärt wird. «Wir wollen die Verantwortlichen für diese Nachlässigkeiten finden. Damit wollen wir verhindern, dass anderen Geflüchteten so etwas geschieht. Dass niemand die gleichen Schmerzen fühlen muss wie wir», sagt Schwester Medine. Staatsanwalt Amaël Gschwind von der Staatsanwalt Bern Jura-Seenland untersucht den Todesfall. Er ordnete die Vernehmung des Wachmanns, des Betreuers und des Taxifahrers an und liess ein rechtsmedizinisches Gutachten an der Uni Bern erstellen. Mullis und Stolkin reicht das nicht: Es seien nur wenige Leute befragt worden, und das rechtsmedizinische Gutachten sei weder vollständig noch unabhängig. Die Anwälte wollen weitere Personen wie die Ärztin des Spitals Aarberg befragen und fordern ein unabhängiges kardiologisches Gutachten. Doch die Staatsanwaltschaft lehnte alle zwölf Beweisanträge ab. Deswegen zog Familie Dag vor das Obergericht Bern. Am letzten Mittwoch reichte sie ihre finale Stellungnahme ein.