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Rise in Power, Michael Kenechukwu Ekemezie
Sonntag, 01. Juni 2025

Statement gegen die systematischen Tötungen von Schwarzen Menschen in der Schweiz
von mo wa baile

Was wissen wir über Michael Kenechukwu Ekemezie, der am Sonntag, dem 25. Mai, in Lausanne in Polizeigewahrsam gestorben ist? Wie üblich wurde die Version der Polizei bereits an die Medien verkauft, damit diese sie der Öffentlichkeit weitergeben. Bald wird auch das sogenannte Justizsystem dieselbe Erzählung übernehmen. Und wir, the people, werden weiterhin über diesen Betrug berichten und ihn dokumentieren.

Einen Monat zuvor, am 25. April 2025, wurde der 21-jährige Lorenz A. von der deutschen Polizei in Oldenburg durch mehrere Schüsse getötet – eine Kugel traf ihn in den Hinterkopf. Die Polizei behauptete, er habe sie mit einem Messer bedroht, doch die Bodycams der beteiligten Beamten waren auf mysteriöse Weise ausgeschaltet, und Zeug:innen sagen, er habe kein Messer gehabt. Dieses Muster ist bekannt. Hervé Mandundu wurde am 6. November 2016 in Bex von der Schweizer Polizei erschossen, auch hier hiess es, er habe ein Messer gehabt. Roger Nzoy wurde am 30. August 2021 in Morges erschossen, wiederum behauptete die Polizei, er habe sie mit einem Messer bedroht.

Wenn kein Messer behauptet wird, dann ist es der Tod in Gewahrsam. Das ist es, was mit Michael Kenechukwu Ekemezie geschah. Dasselbe geschah mit Lamin Fatty, der am 23. Oktober 2017 in Mont-sur-Lausanne in Polizeigewahrsam genommen wurde und am nächsten Morgen nicht mehr lebend herauskam. Wenn es weder ein Messer noch der Tod in Gewahrsam ist – wobei letzterer oft als Selbstmord dargestellt wird – dann lautet die Erklärung meist: „aus dem Fenster gesprungen“ oder „Widerstand gegen die Festnahme“. Yaya Bakayoko starb am 3. Juni 2004 in Basel, und die Schweizer Polizei behauptete, er sei nach dem Eindringen der Polizei aus dem Fenster gefallen. Mariame Souaré wurde am 25. August 2007 tot vor ihrem Haus in Genf aufgefunden, erneut war die Polizei in ihre Wohnung eingedrungen und behauptete, sie sei „gefallen“. Und Mike Ben Peter war ausser Atem, nachdem sechs Polizisten ihn am 28. Februar 2018 in der Nähe des Bahnhofs von Lausanne überwältigt und mehrere Minuten lang auf seinen Oberkörper gekniet hatten.

Die Formel ist vorhersehbar: Die Polizei erzählt ihre Version, die Medien wiederholen sie, und die Gerichte stimmen zu. Das zeigt, wie tief Rassismus in den Institutionen der Schweiz verankert ist. Die staatliche Gewalt und Ungleichheit, die wir heute in der Schweiz erleben, wurzeln in Kolonialismus und Sklaverei. Selbst wenn sich die Schweiz ihre Unschuld herausreden, indem sie sich verteidigt, keine Kolonien oder Plantagen gehabt zu haben, sind ihre Position in Europa und ihr Reichtum doch Produkte ihrer kolonialen Komplizenschaft. Die Weigerung, diese Vergangenheit anzuerkennen, ist Teil eines grösseren Musters rassistischer Selbstgerechtigkeit.

In der Schweiz bin ich ständig gezwungen, meinen Ausweis zu zeigen: auf der Strasse, an Bahnhöfen, in Zügen, vor Geschäften. Das erinnert an das Apartheidregime in Südafrika und an Militärkontrollen im besetzten Palästina. Schwarze Menschen, insbesondere Menschen mit illegalisiertem Status, wissen ganz genau, wo sie nicht willkommen sind, welche Strassen sie meiden müssen und wo zu langes Warten gefährlich sein kann. Diese alltäglichen Erfahrungen spiegeln systemische Unterdrückung wider, wie sie weltweit durch staatliche Apparate ausgeübt wird.

Wenn Schwarze Menschen von der Polizei getötet werden, die Medien Beifall klatschen und die Justiz niemanden zur Rechenschaft zieht, zeigt das eine tief verwurzelte Kultur der Entmenschlichung. Was Schwarzen Menschen in der Schweiz widerfährt, ist nicht losgelöst vom anhaltenden Genozid am palästinensischen Menschen oder der Ausgrenzung jüdischer Menschen in der europäischen Geschichte. Unsere Kämpfe sind verbunden durch gemeinsame Systeme rassistischer Ausgrenzung und Gewalt. Die systematische Entmenschlichung Schwarzer Menschen durch rassistische Polizeigewalt und Migrationspolitik ist Teil eines Kontinuums, das mit Sklaverei und Kolonialismus begann und mit Holocaust und Nakba weiterging. Diese Geschichte ist weder nur Vergangenheit noch vorbei, wir erleben ihre Folgen heute in der anhaltenden Tötung marginalisierter Menschen.

Der Tod von Michael Kenechukwu Ekemezie ist kein Einzelfall. Er ist Teil des kolonialen Erbes der Schweiz. Während die Medien Beifall klatschen und die Gerichte auch diese Tötung – wie immer bei der Tötung Schwarzer Menschen – entschuldigen werden, lassen wir uns vom palästinensischen Widerstand inspirieren. Wir werden nicht aufhören zu organisieren. We, the people, werden weiterhin dieses Erbe stören, indem wir Institutionen dazu zwingen, sich mit ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen. Wir tun das durch Organisierung, Dokumentation und Sichtbarmachung jedes einzelnen Falls – wie bei Wa Baile, Wilson A., Mike Ben Peter und Roger Nzoy. Der Fall Wilson A. und der Fall Roger Nzoy gegen die Schweizer Polizei werden vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gebracht, wie im Fall Wa Baile.

Unser Kampf für eine Schweiz ohne Rassismus und Diskriminierung wird durch Solidarität, Widerstand und gemeinsames Handeln immer stärker. Wir erinnern an Michael Kenechukwu Ekemezie, so wie wir an Mike Ben Peter erinnern. Beide Schwarze Männer waren Teil von Kollektiven, die sich für das Recht auf Wohnen für Migrant:innen einsetzten. Beide schrien um Hilfe, als sie von der Polizei gewaltsam festgehalten wurden, bevor sie in der Nähe des Bahnhofs von Lausanne, am selben Ort, starben.

Rise in Power, Michael Kenechukwu Ekemezie.